
Bundespatentgericht: Marke „Loreley" mangels Unterscheidungskraft und aufgrund beschreibender Angabe nicht eintragungsfähig – BPatG, Hinweisbeschluss vom 04.07.2025 – 26 W (pat) 7/22
Das Bundespatentgericht hat in seinem Hinweisbeschluss vom 04.07.2025 im Beschwerdeverfahren die Auffassung vertreten, dass die im Jahr 2018 angemeldete Wortmarke „Loreley" für die registrierten Waren der Klassen 9, 14, 18 und 25 (u.a. Brillen und optische Waren, Schmuckwaren, Lederwaren und Bekleidung) wegen absoluter Eintragungshindernisse (d.h. Gründe, die einer Markeneintragung unabhängig von Rechten Dritter entgegenstehen) zu löschen ist und nicht hätte eingetragen werde dürfen. Der Beschwerdeführer hat daraufhin die Beschwerde zurückgenommen, sodass die Marke demnächst gelöscht wird.
Sachverhalt und Verfahrensgegenstand
Die Beschwerdegegnerin hatte die Löschung der Wortmarke „Loreley" beantragt. Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) hatte dem Löschungsantrag stattgegeben und die Eintragung für nichtig erklärt. Der Markeninhaber legte hiergegen Beschwerde beim Bundespatentgericht ein. Der Senat teilte nach Vorberatung die Auffassung der Stellerin des Löschungsantrags und der Löschungsabteilung, dass der angegriffenen Marke bereits zum Anmeldezeitpunkt die Eintragungshindernisse der beschreibenden Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG (Schutzausschluss für beschreibende Zeichen) und der mangelnden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (Schutzausschluss für nicht unterscheidungskräftige Zeichen) entgegenstanden.
Keine geografische Herkunftsangabe im klassischen Sinne
Der Senat stellte zunächst fest, dass „Loreley" nicht als geografische Herkunftsangabe im Sinne einer Bezeichnung des Produktionsorts zu qualifizieren ist: Die topografischen Gegebenheiten am Loreley-Felsen ermöglichen keine Ansiedlung von Produktionsbetrieben; in den Flächennutzungsplänen seien keine Gewerbebetriebe ausgewiesen. Die touristische Bedeutung des Gebiets und die Nutzung des Loreley-Plateaus im Rahmen der BUGA 2029 sprächen gegen eine gewerbliche Ansiedlung. Die Bezeichnung des bloßen Vertriebsorts stelle nach ständiger Rechtsprechung keine beschreibende Angabe dar.
Geografische Angabe mit ideeller Beziehung
Das Gericht nahm jedoch die Fallgruppe der geografischen Herkunftsangabe an, welche die Vorlieben der Verbraucher in anderer Weise beeinflussen können, indem sie eine Verbindung zwischen den Waren und einem Ort herstellen, mit dem positiv besetzte Vorstellungen verknüpft werden. Der Senat führte aus, dass der Loreley-Felsen als UNESCO-Weltkulturerbe und Symbol der Rheinromantik gelte. Die Loreley-Sage, insbesondere durch das Gedicht von Heinrich Heine und die Ballade von Clemens Brentano literarisch verewigt, entspreche thematisch dem romantischen Weltbild mit seinen charakteristischen Schauplätzen. Das UNESCO-Weltkulturerbe „Oberes Mittelrheintal" werde häufig als „Tal der Loreley" bezeichnet, wobei die Bezeichnung „Loreley" vom Verkehr mit märchenhaft-romantischem Flair assoziiert werde.
Nach der Umfrage der Deutschen Zentrale für Tourismus e.V. aus dem Jahre 2013 stand die Loreley an sechster Stelle der Top 100 Sehenswürdigkeiten in Deutschland, im Jahre 2017 an 34. Stelle – noch vor dem Brandenburger Tor oder dem Schloss Sanssouci. Der Verkehr stelle damit eine ideelle Beziehung zwischen dem Ort und den fraglichen Waren her, indem vom Ruf des bekannten Ortes profitiert werden soll, der auf die Waren erstreckt werde.
Fehlende Unterscheidungskraft als zwingende Folge
Das Gericht stellte fest, dass einer geografischen Angabe, die geeignet ist, die Vorlieben der Verbraucher durch positiv besetzte Vorstellungen zu beeinflussen, als beschreibender Angabe zwangsläufig die Unterscheidungskraft (d.h. die Eignung eines Zeichens, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer zu unterscheiden) fehle. Die Schutzunfähigkeit bestehe nach Auffassung des Senats bereits seit dem Anmeldezeitpunkt und fort bis zum Zeitpunkt des Hinweises. Damit habe die Beschwerde nach Aktenlage keine Aussicht auf Erfolg. Nach Rücknahme der Beschwerde durch den Beschwerdeführer wird die Marke „Loreley" gemäß dem Beschluss der Löschungsabteilung für nichtig erklärt und gelöscht.
Bedeutung der Entscheidung
Der Hinweisbeschluss ist von erheblicher Bedeutung für die markenrechtliche Praxis, weil er sich auf eine geografische Angabe stützt, die nicht einen Produktionsort, sondern die Beeinflussung von Verbraucherpräferenzen durch positiv besetzte Vorstellungen verkörpert. Die Entscheidung verdeutlicht, dass auch kulturell-historisch aufgeladene Ortsbezeichnungen, die mit einem spezifischen Flair oder einer besonderen Atmosphäre assoziiert werden, als beschreibende Angaben zu qualifizieren sind und ihnen die Unterscheidungskraft fehlt. Dies gilt insbesondere für bekannte touristische Destinationen und UNESCO-Weltkulturerbestätten, deren Ruf auf die in Anspruch genommenen Leistungen übertragen werden soll. Die Freihaltebedürftigkeit solcher Angaben besteht auch dann, wenn keine konkrete gewerbliche Nutzung am bezeichneten Ort stattfindet.
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