Revisionsrecht - Schmerzensgeld im Adhäsionsverfahren  

Im Strafverfahren besteht für den Verletzten einer Straftat grundsätzlich die Möglichkeit, insbesondere Schmerzensgeldansprüche gegenüber dem Angeklagten im Rahmen eines so genannten Adhäsionsverfahrens geltend zu machen. Er kann damit eine eigentlich zivilrechtliche Forderung schon im strafgerichtlichen Erkenntnisverfahren verfolgen. Nach welchen Grundsätzen  die Höhe des ihm zustehenden Schmerzensgeldes zu bemessen ist, war zwischen den Strafsenaten und Zivilsenaten des Bundesgerichtshofes seit langem umstritten. Mit Beschluss vom 16. September 2016 haben die Vereinigten Großen Senate dann entschieden, dass bei der Bemessung einer billigen Entschädigung in Geld nach § 253 Abs. 2 BGB (§ 847 BGB a.F.) alle Umstände des Falles berücksichtigt und dabei die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers und des Geschädigten nicht von vornherein ausgeschlossen werden können (VGS 1/16). Vor diesem Hintergrund musste der BGH nun in einem Beschluss vom 11. Mai 2017 (2 StR 550/15) im Rahmen eines Revisionsverfahrens die Reichweite des dem Tatrichter zustehenden Ermessens bei der Entscheidung über einen Adhäsionsantrag befinden. Entgegen der bisherigen Rechtsprechung der Strafsenate des Bundesgerichtshofes stelle die Nichtberücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse von Angeklagtem und Tatopfer regelmäßig keinen Rechtsfehler dar. Ausnahmsweise sei eine Berücksichtigung nur dann notwendig, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse dem Tatgeschehen ein besonderes Gepräge gäben. Ausführungen dazu, dass dies nicht der Fall sei, bedürfe es regelmäßig allerdings nicht. Nach diesen Maßstäben war in dem konkreten Fall die Verhängung eines Schmerzensgeldes zwar dem Grunde nach gerechtfertigt, nicht aber in der Höhe von 50.000 €, weil der Tatrichter auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten berücksichtigt hatte, den Urteilsgründen aber nicht entnommen werden konnte, dass ein außergewöhnliches Gefälle zwischen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Täter und Opfer bestanden hatte.

André Neumann, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Strafrecht, Zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht (DAA)