Steuerstrafrecht - Abschreckung der Allgemeinheit rechtfertigt keine höhere Strafe

Im Strafverfahren ist die Strafzumessung grundsätzlich Sache des Tatrichters und vom Revisionsgericht daher nur eingeschränkt überprüfbar. Es darf und muss allerdings dann eingreifen, wenn grundlegende Bewertungsfehler aufgetreten sind. So hatte eine große Strafkammer im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens bei der Bildung einer Gesamtstrafe straferschwerend berücksichtigt, dass gerade bei Taten der Steuerhinterziehung mit Steuerschäden in einem außerordentlich hohen Bereich deutlich gemacht werden müsse, dass Steuerstraftaten keine „Kavaliersdelikte“ seien und es sei deshalb, um Nachahmungseffekte zu verhindern, unerlässlich, der Allgemeinheit zu verdeutlichen, dass die Pflicht, Steuern zu zahlen, zur Erfüllung staatlicher Aufgaben und damit zum Wohle aller unerlässlich sei. Dies beanstandete der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 7. März 2018 (Az. 1 StR 663/17). Denn eine solche Begründung lasse besorgen, dass sich der Tatrichter bei der Bemessung der Höhe der verhängten Strafe auch von generalpräventiven Erwägungen habe leiten lassen. Der Schutz der Allgemeinheit durch Abschreckung nicht des Angeklagten, sondern auch anderer möglicher künftiger Rechtsbrecher, rechtfertige eine schwerere Strafe als sie sonst angemessen wäre aber nur dann, wenn eine gemeinschaftsgefährliche Zunahme solcher oder ähnlicher Straftaten, wie sie zur Aburteilung stehen, festgestellt worden sei. Dies habe die Strafkammer aber nicht belegt.

Dr. André Neumann, Fachanwalt für Strafrecht, Fachanwalt für Steuerrecht, Zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht (DAA)