Arbeitgeberpflichten des SGB IX gelten nicht schon vor der Entscheidung über die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen
Wird der Gleichstellungsantrag mit einem schwerbehinderten Menschen positiv beschieden, so wirkt die Gleichstellung nach § 151 Abs. 2 S. 2 SGB IX auf den Tag des Eingangs des Antrags zurück. Das BAG stellte nunmehr klar, dass die Rückwirkung keine Pflicht des Arbeitgebers begründet, bis zu der Entscheidung die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen auf den antragstellenden Arbeitnehmer anzuwenden.
Eine Arbeitnehmerin informierte ihren Arbeitgeber, dass sie als behinderter Mensch mit einem anerkannten Grad der Behinderung (GdB) von 30 einen Antrag auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt habe. Der Arbeitgeber versetzte sie in eine andere Abteilung, ohne zuvor die Schwerbehindertenvertretung (SBV) unterrichtet und angehört zu haben. Einige Zeit später stellte die Bundesagentur für Arbeit die Arbeitnehmerin rückwirkend auf den Zeitpunkt des Antragseingangs einem schwerbehinderten Menschen gleich. Die SBV machte geltend, dass der Arbeitgeber sie hätte vorsorglich unterrichten und anhören müssen.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied am 22.01.2020, dass der Arbeitgeber die SBV nicht schon vor der Entscheidung über den Gleichstellungsantrag „vorsorglich“ über eine Umsetzung unterrichten und zu dieser anzuhören müsse, selbst wenn die Gleichstellung auf den Tag des Eingangs des Antrags zurückwirkt. Die Gleichstellung und die damit verbundenen Rechte und Pflichten treten erst mit einem Feststellungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit ein.
Felix Nietsch, LL.M. (Köln/Paris I), Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht