Im Fokus: Nachfolgefinanzierung

  1. Einleitung

Das Thema Nachfolge gehört für viele mittelständische Unternehmen zu den wesentlichen Herausforderungen der nächsten Zeit. Wenngleich laut KfW Research die Bemühungen vieler Mittelständler um Nachfolgeregelungen im Corona-Krisenjahr 2020 etwas nachließen, suchten auch in diesem Zeitraum allein 7 % der kleinen und mittleren Unternehmen innerhalb der kommenden zwei Jahre einen Nachfolger, was ca. 260.000 Unternehmen entspricht.[1] 

Mit diesen Umwälzungen in der Eigentümerstruktur korrespondiert ein enormer Finanzierungsbedarf; abgedeckt werden müssen neben den eigentlichen Transaktionskosten in Form von Kauf- oder Beteiligungspreisen oder aber Kosten für die erbrechtliche Auseinandersetzung Nebenkosten wie Notar- und Registergebühren sowie Beratungskosten. Nicht zu unterschätzen sind zudem Kosten für Umgestaltungen im operativen Geschäft, für die ebenso wie für unerwartete Posten ein Liquiditätspuffer vorgehalten werden sollte.

  1. Möglichkeiten zur Nachfolgefinanzierung

Zur Sicherstellung der Nachfolgefinanzierung steht eine breite Palette an Möglichkeiten zur Verfügung. Ob Eigenkapital, Bankdarlehen oder eher exotische Methoden wie eine Schwarmfinanzierung – regelmäßig lohnt sich, egal ob Verkauf an externe Dritte, das Management oder Übergabe innerhalb der Familie – eine Mischung aus verschiedenen Instrumenten bzw. Quellen, die nachfolgend, gleichwohl nicht abschließend, dargestellt werden.

  1. Eigenkapital

In Betracht kommt zunächst die Möglichkeit des Käufers, den Kaufpreis aus Eigenkapital, etwa eigenen Barmitteln, aufzubringen oder auch über die Beteiligung eines weiteren Investors die Anfangskosten der Beteiligung zu senken. Ungeachtet von Hebeleffekten oder steuerlichen Aspekten (und der Frage, ob Eigenmittel im erforderlichen Umfang überhaupt aufgebracht werden können) besteht der Nachteil einer singulären Finanzierung über Eigenkapitalmittel nicht zuletzt im Abfluss und der Bindung von Liquidität, die gerade in der Transformationssituation einer Unternehmensnachfolge vielleicht an anderer Stelle besser eingesetzt wäre. 

  1. Darlehen, Anleihen und Co.

Es bietet sich daher an, den Eigenkapitalanteil mit Fremdkapitalmitteln in unterschiedlicher Höhe zu ergänzen, wofür abhängig von verschiedenen Parametern wie Transaktionsvolumen, Unternehmensgröße und Bonität unterschiedliche Methoden zur Verfügung stehen. Ein zur Akquisition gegründetes Vehikel kann dabei die Aufnahme der Geldmittel sowie die Allokation der Kaufpreis- und weiteren Zahlungsströme vereinfachen. So ist neben dem klassischen Darlehen von der Hausbank eine Finanzierung über einen Konsortialkredit oder aber auch mittels sog. Direct Lending denkbar, bei welchem die Geldmittel etwa über spezialisierte Fondsgesellschaften zur Verfügung gestellt werden.

In der Regel werden die finanzierenden Banken bzw. Investoren eine Besicherung ihres Darlehens in Form von Personal- (etwa Garantien) und/oder Realsicherheiten (etwa die Bestellung von Pfandrechten über Gesellschaftsanteile oder Bankkonten, die Abtretung von Forderungen, die Sicherungsübereignung von beweglichen Sachen oder die Einräumung von Grundschulden an Grundstücken) erwarten. Nach erfolgtem Erwerb des Unternehmens besteht die Möglichkeit, auch dessen Vermögenswerte mit Sicherheiten zu belasten. In dieser Konstellation, in der Sicherheiten von einer Tochtergesellschaft bestellt werden, um Verbindlichkeiten ihrer Muttergesellschaft zu besichern, ist auf die Einhaltung von Kapitalerhaltungsvorschriften besonders zu achten.

Auch Schuldscheindarlehen sind schon allein aufgrund üblicherweise recht niedrigen Transaktionskosten eine interessante Alternative zur Kapitalbeschaffung vor allem für bonitätsstarke Emittenten. Die Finanzierungsstruktur muss in diesem Fall allerdings besonders sorgfältig geplant werden, weil das Instrument typischerweise an eine Vielzahl von Teilnehmern breit syndiziert wird, so dass eine spätere Gestaltung und die Abstimmung im Nachgang regelmäßig schwerfällt.

Eine weitere Möglichkeit zur Beschaffung von Fremdkapital besteht im Gang an die Kapitalmärkte, etwa in Form der Begebung einer Anleihe, was sich allerdings zumeist, nicht zuletzt angesichts des Umfangs der Transaktionskosten, erst ab einem relativ hohen Volumen auszahlt. Zu beachten ist zudem, dass die Auszahlung der Emissionserlöse nicht relativ flexibel wie bei einem Darlehen erfolgen kann, was ggf. eine Brückenfinanzierung zur Vorfinanzierung des Unternehmenserwerbs erforderlich macht.

  1. Mezzanine-Kapital

Zwischen Eigen- und Fremdkapital ist sog. Mezzanine-Kapital angesiedelt. Der Begriff beschreibt kein bestimmtes Instrument, sondern meint regelmäßig solche Darlehen und andere Finanzierungsmittel, hinsichtlich derer einerseits ein Nachrang zu anderen Instrumenten eingeräumt wurde und die andererseits beispielsweise aufgrund einer Beteiligung an einer positiven Unternehmensentwicklung auch strukturelle Elemente von Eigenkapital aufweisen. Typischerweise werden mezzanine Instrumente zur Arrondierung der Finanzierungsstruktur eingesetzt.

  1. Staatliche Förderung

Die Bedeutung staatlicher Fördermittel im Bereich der Unternehmensnachfolge ist nicht zu unterschätzen, wenngleich diese häufig eher auf die Liquiditätssicherung des laufenden Betriebs und nicht die Erwerbsfinanzierung im engeren Sinn ausgelegt sind. Neben ideeller Unterstützung etwa durch Beratung und Austausch (wie z.B. durch die Plattform https://www.nexxt-change.org/) besteht in einer Vielzahl von Fällen die Möglichkeit zur Förderung durch Finanzierungshilfen für Gründer und Nachfolger (wie beispielsweise durch den KfW-Unternehmerkredit). In der Regel werden die Gelder dabei nicht direkt etwa durch die KfW ausgereicht, sondern dem Antragsteller über eine Hausbank zur Verfügung gestellt, während die Förderbank wirtschaftliche Risiken übernimmt und das Darlehen dadurch vergünstigt angeboten werden kann.

  1. Crowd-Finanzierung

Die Bereitstellung von Fremdkapital im Wege der Schwarmfinanzierung ist relativ neu und beschreibt kein fest umrissenes Produkt, sondern vielmehr die Quelle, nämlich die Einholung von Fremdkapital von der „Crowd“, also potentiell an einer Investition interessierten dritten Geldgebern, ggf. Privatpersonen, die sich über eine Plattform in der Regel weitgehend anonym und zu relativ geringen Mindestsummen an einer Finanzierung beteiligen wollen. Dabei wird zwar vielfach dem Grunde nach der Gedanke verfolgt, Banken als Intermediäre auszuschalten, an deren Stelle sind indes vielfach die Plattformen selbst getreten, die die Vermittlung zwischen Unternehmen und „Crowd“ übernehmen. Kennzeichnend für die eingesetzten Produkte ist oftmals eine Nachrangigkeit gegenüber weiteren Finanzierungsinstrumenten, was eine Ähnlichkeit mit Mezzanine-Krediten mit sich bringt.

  1. Nachfolgefinanzierung und Nachhaltigkeit

Auch im Rahmen der Unternehmensnachfolge und speziell der Nachfolgefinanzierung lohnt sich ein Blick auf den Megatrend „Nachhaltigkeit“, der nicht nur in der politischen Diskussion der letzten Jahre eines der zentralen Themen ist, sondern auch für die Unternehmensfinanzierung eine zunehmend wichtigere Rolle spielt. Namentlich die Europäische Union misst im Rahmen des European Green Deal ‒ der Zielsetzung, bis zum Jahr 2050 die Klimaneutralität auf europäischer Ebene zu erreichen ‒ einem nachhaltigen Finanzwesen eine maßgebliche Bedeutung bei.

Bei der Nachfolgefinanzierung bieten sich dabei – freilich erst ab einem gewissen Transaktionsumfang, der die zusätzlichen Aufwände lohnt – der Einsatz von Produkten mit sog. Sustainability- bzw. ESG-Link an, also solchen, bei welchen – ohne grundsätzliche Einschränkung des Verwendungszwecks des Finanzierungsmittels – Konditionen wie beispielsweise der Zinssatz eines Darlehens an die Einhaltung bestimmter Parameter und Kennzahlen (z.B. die Reduktion der Kohlenstoffintensität des Geschäftsbetriebs des zu erwerbenden Unternehmens) gekoppelt ist. Der Vorteil liegt dabei – neben einem potentiell günstigeren Zinssatz – vor allem in der Signalwirkung, der vom Einsatz einer nachhaltigen Finanzierung ausgeht, die ein Unternehmensnachfolger bereits bei der Übernahme setzen kann.

  1. Fazit

Die Unternehmensnachfolge und deren Finanzierung ist vielfältig und facettenreich. Um den Mandanteninteressen gerecht zu werden, sind hier passgenaue Lösungen in einer Vielzahl von Rechtsgebieten gefordert, wobei wirtschaftliche Aspekte nie außer Acht gelassen werden dürfen. Mit unserer Expertise vom Erb- über das Gesellschafts- bis hin zum Bank- und Kapitalmarktrecht beraten wir Sie dabei gern und erarbeiten eine maßgeschneiderte Lösung.

 

[1] KfW Research – Fokus Volkswirtschaft (Nr. 308): Nachfolge-Monitoring Mittelstand 2020: Gut vorbereitet in die Krise – Corona verschärft Gründungsengpass, S.4, verfügbar unter https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokume...