Betriebliches Eingliederungsmanagement

Alle Jahre wieder: Betriebliches Eingliederungsmanagement

Arbeitgeber sind nach § 167 Abs. 2 S. 1 SGB IX zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (kurz: bEM) verpflichtet, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankt. Bei einer krankheitsbedingten Kündigung führt ein unterlassenes bEM zu einer Verschärfung der Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Der Arbeitgeber hat dann detailliert vorzutragen, dass gegenüber der Kündigung kein milderes Mittel zur Verfügung stand. Diese erweiterte Darlegungs- und Beweislast greift nur dann nicht, wenn es dem Arbeitgeber gelingt darzulegen, dass die Durchführung eines bEMs objektiv nutzlos gewesen wäre. Eine Hürde, die in der Praxis nur schwer zu überwinden ist. Umso wichtiger ist es für den Arbeitgeber zu wissen, nicht nur wie, sondern auch wann er zur Durchführung eines bEM verpflichtet ist.

Im November 2021 stand vor dem BAG (BAG Urt. v. 18.11.2021 – 2 AZR 138/21) ein Fall zur Entscheidung an, in dem der beklagte Arbeitgeber im März 2019 nach umfangreichen Fehltagen in den Jahren 2017 und 2018 ein bEM durchführte. Die Arbeitsausfallzeiten des klägerischen Arbeitnehmers besserten sich hierauf nicht. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis schlussendlich am 26.02.2020 ordentlich.

Die Kündigung wurde vor den Arbeitsgerichten für unwirksam erklärt. Die Beklagte habe es versäumt vor der Kündigung ein verpflichtendes bEM durchzuführen und im Verfahren ihrer hieraus folgenden erweiterten Darlegungs- und Beweislast nicht genügen können. Die Verpflichtung zur Durchführung eines bEM entstehe neu, sobald ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres erneut länger als sechs Wochen arbeitsunfähig erkrankt. Dies gelte auch dann, wenn nach einem zuvor durchgeführten bEM noch nicht wieder ein Jahr vergangen sei.

Ein bereits durchgeführtes bEM kann damit zugunsten des Arbeitgebers kein „Mindesthaltbarkeitsdatum“ entfalten. Es stellt lediglich einen neuen Anfangszeitpunkt für den nächsten Jahreszyklus nach § 167 SGB IX dar.

Dr. Heike Thomas-Blex, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Rechtsreferendarin Janina Barg