Pacht und Miete für Gewerberaum in Zeiten der Corona-Pandemie

Update 4: Pacht und Miete für Gewerberaum in Zeiten der Corona-Pandemie

Mit Urteil vom 12.01.2022 (AZ. XII ZR 8/21) hat der 12. Senat des Bundesgerichtshofs bestätigt, dass für den Gewerberaummieter grundsätzlich ein Anspruch zur Anpassung der Miete in Betracht kommt, sofern dieser sein Geschäft wegen einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie schließen musste.

Der BGH führt in seiner Entscheidung aus, dass die Anwendbarkeit der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften und des allgemeinen Schuldrechts nicht durch die Regelung des Art. 240 § 2 EGBG ausgeschlossen sind. Die Vorschrift des Art. 240 § 2 EGBGB beschränke sich allein auf das Kündigungsrecht des Vermieters und treffe keine Aussage über die Höhe der geschuldeten Miete.

Die umstrittene Frage, ob die Schließungsanordnung einen Mietmangel begründe, verneint der Senat mit der Begründung, dass diese nicht unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts im Zusammenhang stehe. Die Geschäftsschließung knüpfe an die Nutzungsart und den daraus resultierenden Publikumsverkehr an, der die Ausbreitung des Virus begünstige und daher aus Gründen des Infektionsschutzes untersagt werden solle. Dem Vermieter werde dadurch weder ganz noch teilweise die Möglichkeit zur Erbringung der vertragsgemäßen Leistung genommen. Der Vermieter könne die Mietsache weiterhin in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch und geeigneten Zustand an den Mieter überlassen.

Zwar begründe die durch die COVID-19-Pandemie bedingte Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts keinen zur Minderung der Miete führende Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB. Im Falle einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie beruht, komme aber ein Anspruch auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht. Jedoch bestehe kein generelles Recht zur Vertragsanpassung. Vielmehr müsse eine Abwägung im Einzelfall vorgenommen werden.

Der Senat führt in seiner Entscheidung aus, dass sich durch die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen weitreichenden Beschränkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens, die Geschäftsgrundlage für den abgeschlossenen Mietvertrag schwerwiegend geändert habe.

Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB berechtige aber nicht zu einer Vertragsanpassung. Es komme vielmehr darauf an, ob für den Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar sei. Dabei seien alle Umstände des Einzelfalls, sowie die vertragliche Risikoverteilung zu berücksichtigen. Eine pauschale 50/50 Lösung (so OLG Dresden) lehnt der BGH ab.

Die Gewinnchancen unterliegen in aller Regel dem Verwendungsrisiko des Gewerberaummieters. Die wirtschaftlichen Nachteile einer pandemiebedingten Schließung könnten aber keine Folge unternehmerischer Entscheidungen sein. Sie seien vielmehr Folge der umfangreichen staatlichen Eingriffe in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, für die keine der beiden Mietvertragsparteien verantwortlich gemacht werden könne.

Bei der Bewertung müsse zudem darauf geachtet werden, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um drohende Verluste zu reduzieren. Dabei seien auch die Vorteile des Mieters zu berücksichtigen. Relevant können etwaige gezahlte staatliche Leistungen werden, die der Mieter zum Ausgleich der pandemiebedingten Nachteile erlangt hat. Auch mögliche Leistungen aus der Betriebsversicherung können bei der Bewertung eine Rolle spielen. Staatliche Unterstützungen durch Auszahlung eines Darlehens sollen dabei aber außer Betracht bleiben.

Martina Gondro, Rechtsanwältin und Kristin Münch, Rechtsreferendarin