Wirtschaftsstrafrecht – Zur Abgrenzung zwischen Tateinheit und Tatmehrheit beim Betrug  

Insbesondere in komplexen Wirtschaftsstrafverfahren, in denen eine Vielzahl von Tatvorwürfen Gegenstand der Anklage und der Kognitionspflicht des Tatgerichtes  sind, spielt die Frage, ob die jeweiligen Straftaten tateinheitlich begangen worden sind (§ 52 StGB) oder im Verhältnis der  Tatmehrheit zueinanderstehen (§ 53 StGB), eine vor allem für die Strafzumessung bedeutende Rolle. Denn bei einer tatmehrheitlichen Begehung von Straftaten kann dies im Ergebnis zu einer höheren Gesamtstrafe führen als im Falle der Tateinheit. In einem von dem Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 22. Juni 2017 (Az.: 1 StR 559/16) entschiedenen Fall hatte das Landgericht die Angeklagten unter anderem wegen Betruges (§ 263 StGB) in 26 bzw. 149 Fällen verurteilt. Hiergegen wendeten sie sich mit der Revision. Wenngleich das Rechtsmittel im Ergebnis lediglich zu einer Änderung der Schuldsprüche führte, stellte der entscheidende Senat hierbei klar, dass in Fällen, in denen ein Geschädigter an einem Tag mehrere Verträge abgeschlossen hat, ein so enger zeitlicher Zusammenhang besteht, dass eine natürliche Handlungseinheit und damit jeweils auch nur eine Tat im Rechtssinne vorliegt. Gleiches gilt, wenn ein Geschädigter mehrere Verträge an kurz aufeinanderfolgenden Tagen abgeschlossen hat oder verschiedene, unter derselben Anschrift wohnhafte und denselben Nachnamen tragende, Geschädigte am selben Tag einen Vertrag abgeschlossen haben.

André Neumann, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Strafrecht, Zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht (DAA)