Tod des Inhabers – Abzug des kalkulatorischen Unternehmerlohns

Verstirbt der Inhaber eines Unternehmens, muss dieses oftmals bewertet werden. Diese Notwendigkeit ergibt sich insbesondere dann, wenn Pflichtteilsansprüche geltend gemacht werden. Ansonsten kann die konkrete Höhe des Pflichtteils nicht ermittelt werden. Dasselbe gilt für den Fall, dass der Erblasser nur Anteile an einem Unternehmen hielt, zum Beispiel einen von mehreren GmbH-Geschäftsanteilen.

Für die Pflichtteilsermittlung kommt es auf den Verkehrswert („voller wirklicher Wert“) des Unternehmens zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers an. Der Erblasser kann das nicht umgehen, indem er in seinem Testament Anordnungen zur Bewertung trifft. Soweit solche Anordnungen effektiv zu einer Kürzung des Pflichtteils führen, sind sie unbeachtlich (§ 2311 Abs. 2 Satz 2 BGB).

Der Gesetzgeber hat für den Bereich des Erbrechts keine bestimmte Bewertungsmethode vorgeschrieben. In Rechtsprechung und Bewertungspraxis haben sich jedoch Grundsätze herausgebildet. Danach wird ein so genanntes modifiziertes Ertragswertverfahren eingesetzt. Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat die Besonderheiten bei der Unternehmensbewertung von Ansprüchen im Familien – und Erbrecht in einem eigenen Bewertungsstandard zusammengefasst (IDW S 13).

Der Bundesgerichtshof hat in einem nun veröffentlichten Urteil (Az. XII ZR 108/16) präzisiert, wie die Mitarbeit des Inhabers im Unternehmen zu bewerten ist, wenn dafür keine Vergütung gezahlt wurde. Danach ist ein so genannter kalkulatorischer Unternehmerlohn abzuziehen, wenn das Unternehmen durch die Tätigkeiten den Inhabers Vergütungen für angestellte Dritte gespart hat. Wie der Bundesgerichtshof nun klargestellt hat, gilt das nicht nur für geschäftsleitende Tätigkeiten (Ersparnis eines Fremdgeschäftsführers), sondern auch für sonstige Arbeitsleistungen (Ersparnis sonstiger Personalaufwendungen). Im entschiedenen Fall hatte der Mitinhaber eines Unternehmens aus der Software-Branche hauptsächlich programmiert und sich nur nachrangig an der Geschäftsleitung beteiligt.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes überzeugt. Der Unternehmenswert wird verzerrt, wenn der Wegfall des Inhabers als kostenlose Arbeitskraft nicht vollständig berücksichtigt wird. Das Gericht hat in dieser Entscheidung auch ausgesprochen, dass den Schuldner insoweit eine so genannte sekundäre Darlegungslast trifft. Insbesondere der mit dem Pflichtteil belastete Erbe muss im Pflichtteilsprozess also genau darlegen, welcher kalkulatorische Unternehmerlohn im konkreten Einzelfall richtigerweise abzuziehen ist. Das erfordert profunde Spezialkenntnisse und die sorgfältige Aufbereitung des Lebenssachverhalts. Im entschiedenen Fall hat der Bundesgerichtshof die Einlassungen des Schuldners als nicht ausreichend präzise angesehen und daher seine Verurteilung zu einer viel höheren Leistung bestätigt.

Sascha Unger, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Erbrecht, Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)