Beim Pflichtteil gibt es eine erbschaftsteuerliche Besonderheit. Wer diese nicht beachtet, kann teure Fehler machen.  

Der Pflichtteilsanspruch, den nur bestimmte nahe Angehörige haben können, entsteht grundsätzlich sogleich mit dem Erbfall. Ab da ist er übertragbar und vererblich. Die Erbschaftsteuer folgt dem nicht: Ihr unterliegt nur der geltend gemachte Pflichtteil. Damit soll dem besonderen familiären Näheverhältnis zwischen Erblasser und Pflichtteilsberechtigtem Rechnung getragen werden. In dieser Besonderheit kann eine große Gefahr liegen: Verlangt der Pflichtteilsberechtigte von dem Erben in seiner ersten Empörung, selbst nicht Erbe geworden zu sein, den Pflichtteil und überlegt er es sich dann nach einiger Zeit doch anders, so gilt: Zum einen hat er selbst (wenn und soweit sein persönlicher Freibetrag überschritten wird) den geltend gemachten Pflichtteilsanspruch zu versteuern, ohne dass ihm auch nur ein Cent zugeflossen ist! Zum anderen stellt sein später erklärter Verzicht eine freigebige Zuwendung an den dadurch begünstigten Erben, etwa an den Vater oder die Schwester, dar. Dies ist besonders schmerzlich, weil dann in aller Regel sehr niedrige Freibeträge und gleichzeitig hohe Steuersätze greifen. Wer sich also noch nicht sicher ist, ob er den Pflichtteil tatsächlich verlangen wird, sollte zunächst nur Auskunft über den Bestand des Nachlasses von dem Erben begehren und dabei unbedingt klarstellen, dass er sich bei diesem Auskunftsverlangen die Geltendmachung des Pflichtteils ausdrücklich vorbehält. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang noch auf ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (vom 07.12.2016, II R 21/14): Dort hatte der Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil nicht geltend gemacht und war selbst verstorben. Der BFH hat entschieden, dass sein Erbe den ererbten Pflichtteilsanspruch versteuern muss, obwohl er von dem verstorbenen Pflichtteilsberechtigten überhaupt nicht geltend gemacht worden war.

Dr. Hans Vogt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Erbrecht, Steuerberater